Über Möglichkeiten und Grenzen der Hilfe für afghanische Journalisten in Not
„Please help!“ steht immer wieder kurz und bündig über den Mails, die JhJ von afghanischen Kolleginnen und Kollegen erreichen. Zwei Jahre nach der Machtübernahme der Taliban ist die Lebenssituation der meisten Journalistinnen und Journalisten desolat. Vor allem die vielen jungen Frauen, die sich in den vergangenen Jahren qualifiziert haben und in den Medien tätig waren, sind unter Druck. Sie haben ihre Existenzgrundlage und ihre publizistischen Mitwirkungsmöglichkeiten verloren und sind vom öffentlichen Leben ausgeschlossen.
Nur wenige haben bei den Evakuierungen in den ersten Tagen nach dem Umsturz Aufnahme in einem sicheren Land gefunden. Manche versteckten sich zunächst in Afghanistan, Tausende flohen in Nachbarländer, vor allem nach Pakistan. Doch nach zwei Jahren im Exil stehen sie vor dem Nichts. In ihren Mails klagen sie über Hunger und Armut, berichten von der Angst vor der Abschiebung aus Pakistan zurück nach Afghanistan, wo sie von den Taliban aufgespürt werden könnten und in Gefahr wären. Sie schreiben über ihre Enttäuschung - manchmal auch verhalten über ihre Wut - darüber, dass ihr Einsatz für Demokratie, für Frauen- und Menschenrechte nicht honoriert werde. Sie fühlen sich vom Westen im Stich gelassen.
Wir von JhJ waren überrascht, wie schnell sich unter den Kolleginnen und Kollegen herumgesprochen hat, dass wir zu helfen versuchen. Wir haben von Anfang an darauf hingewiesen, dass wir als kleine durch private Spenden finanzierte Organisation von Ehrenamtlichen keine Visa vermitteln und kein Resettlement organisieren können. Dennoch sammeln sich bei uns die Bitten um Hilfe und Unterstützung, sowohl von afghanischen Journalistinnen und Journalisten, die es nach Pakistan geschafft haben, als auch von Kolleginnen und Kollegen, die noch in Afghanistan ausharren. Offensichtlich gibt es große Solidarität unter den Betroffenen und Hilfsadressen werde weitergegeben. .
Eine kurze Bilanz: JhJ hat im vergangenen Jahr etwa 70 afghanische Medienschaffende finanziell unterstützt. Mit Geld für den Lebensunterhalt, für medizinische Behandlungen, für Babyausstattung und Miete, für Visa-Verlängerungen, für die Flucht vor den Taliban, für Flugtickets in ein sicheres Aufnahmeland, wenn – bislang in Ausnahmefällen - europäische Visa erteilt wurden, Auf unseren Listen stehen noch immer sehr viele Namen von Menschen, die um Unterstützung bitten, aber ohne weitere Spenden können wir ihnen nicht helfen.
Unterdessen warten rund 14 000 AfghanInnen auf ein Visum, das ihnen den Weg nach Deutschland öffnen sollte. Zwei Jahre nach dem Fall von Kabul ist das Aufnahmeprogramm der Bundesregierung aber noch immer nicht in Gang gekommen. Es ist so kompliziert und bürokratisch und schließt alle aus, die Afghanistan aus Angst vor den Taliban bereits verlassen haben und eine erste Zuflucht in Pakistan oder Iran gefunden haben.
JhJ will hier nicht ohnmächtig zuschauen, sondern tun, was möglich ist, zumindest mit finanzieller Überlebenshilfe.
Wir haben viel dabei gelernt, über das Engagement der Kollegen und Kolleginnen, über die Not des Exils, über die Bedeutung leerer Versprechungen und guter Worte, über Empathie und Solidarität.
Auch wenn uns vieles von dem, was wir in den Mails lesen, belastet, wir wollen weitermachen - solange unsere Kraft reicht - und Spenden uns diese Arbeit ermöglichen.
Helga Montag