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von Helga Montag
"Ich bin Fariba P., eine Journalistin aus Kabul. Wie Sie wissen, ist das Leben von Frauen im Journalismus seit der Machtübernahme der Taliban in höchster Gefahr. Bitte helfen Sie mir, einen sicheren Ort zu finden…"
Diese Mail kam über das Kontaktformular der JhJ-Website im Dezember 2021. Einer der zahllosen Hilferufe von Kolleginnen und Kollegen aus Afghanistan, die uns seitdem erreichten. Nicht nur in diesem Fall mussten wir es bei einer freundlichen Antwort und allgemeinen Hinweisen belassen, denn "relocation" überstieg unsere Möglichkeiten und deutsche Visa waren rar. Das könnte das Ende der Geschichte sein, die ich erzählen will, aber Fortsetzung folgt.
Seit Herbst 2021 war das Postfach meines Laptops voll mit Hilfsbitten von jungen Müttern und Familienvätern, die nicht mehr als Journalisten arbeiten konnten, weil sie bedroht wurden und um ihr Leben fürchteten. Viele waren schon in Nachbarländer wie Pakistan und Iran geflüchtet und waren in existentieller Not. JhJ half mit finanzieller Unterstützung, wenn die Kinder hungerten, wenn medizinische Behandlung nötig war, wenn Visa-Gebühren bezahlt werden mussten. Der Schwerpunkt der Hilfe verlagerte sich, als wir erfuhren, dass Frankreich verfolgte Journalisten aufnahm. Wir beschlossen, vorrangig denen in die Freiheit zu verhelfen, die ein Visum bekommen hatten.
Inzwischen scheinen die Chancen, in Frankreich Asyl zu finden, geringer zu sein. Auch Deutschland und andere westliche Staaten halten ihre Aufnahmeversprechen nicht. Die Flüchtlinge sind jetzt in einer neuen schlimmen Zwangslage. Nachdem die letzten Ersparnisse aufgebraucht sind, wissen sie nicht mehr, wovon sie die Miete bezahlen und ihre Kinder ernähren sollen. Gleichzeitig mehren sich die Berichte, dass sich Geflüchtete in Pakistan und Iran bedrängt fühlen und fürchten, nach Afghanistan abgeschoben zu werden. Ausländische Medien und afghanische Journalistenorganisationen berichten von Polizeiaktionen, Razzien und Schikanen.
Die Mails, die uns derzeit erreichen, zeugen von der Angst, ins Land der Taliban deportiert zu werden, vor deren Verfolgung sie geflohen waren. Wir können ihre Probleme nicht lösen, wir können nur hin und wieder die Not lindern, in dem wir finanzielle Unterstützung, um zu überleben oder auch die Visa zu verlängern. Und dann gibt es auch manchmal Fälle, in denen wir dem Glück doch noch nachhelfen können, wie der von Mohammad V. Er hatte es mit unserer Hilfe nach Frankreich geschafft. Jetzt hat er die die Erlaubnis zur Familienzusammenführung bekommen, aber er hat nicht das Geld für den Flug nach Paris.
Apropos Glück: Fariba P. hat es schließlich trotz aller Hürden geschafft. Drei Jahre, nachdem sie uns um Unterstützung gebeten hatte, haben wir erneut eine Mail von ihr erhalten. Sie hat eines der wenigen Visa für Deutschland bekommen. Ich habe sie im Dezember in München getroffen. Eine schöne, selbst bewusste junge Frau, die inzwischen ganz gut deutsch gelernt hat. Sie möchte später wieder als Journalistin arbeiten und hofft, dass wir sie auf diesem Weg unterstützen können.
*Die Namen wurden geändert
Wir bedanken uns für die Spenden.
Und wir hoffen auch im Jahr 2025 auf finanzielle Unterstützung, damit wir unsere Arbeit für verfolgte und gefährdete Kolleginnen und Kollegen aus Krisengebieten fortsetzen können, die um ihre berufliche Existenz und ums Überleben kämpfen.