Weltfluechtlingstag

Die Hilfeschreie werden immer mehr


Wir haben in den letzten Monaten viel Geld ausgegeben. Die Krisen- und Kriegsgebiete, aus denen uns Hilfeschreie erreicht haben, werden immer mehr: Und mit ihnen wächst auch die Zahl der Kolleginnen und Kollegen, die schnell und unbürokratisch Unterstützung brauchen. Manchmal reichen ein paar hundert Euro, um im Einzelfall die akute Not zu lindern. Und umgehend erfährt man von vielen ähnlichen Fällen. Nach den JournalistInnen aus Belarus, die den Pressionen und Bedrohungen entfliehen mussten, meldeten sich die KollegInnen und Kollegen aus der Ukraine bei JhJ, denen der Krieg ihren Job, ihre Arbeitsmittel oder ihr Zuhause raubte. Absurderweise trafen die Folgen der politischen Entwicklung in manche KollegInnen doppelt. Sie waren wegen der Verfolgung aus Belarus in die Ukraine gegangen, wo sie jetzt als „Bürgerinnen und Bürger eines feindlichen Aggressionsstaates“bezeichnet werden. Der Krieg brachte sie in Gefahr, sie konnten in der Ukraine nicht mehr arbeiten und hatten auch keinen Zugriff mehr auf ihr Bankkonto. Mittellos mussten sich ein zweites Mal auf die Flucht begeben. In Bedrängnis gerieten auch kritische russische Autoren, die aus ihrem Land in die Türkei, nach Georgien oder auch nach Deutschland fliehen mussten. In vielen Fällen konnte JhJ ihre Notlage überbrücken.


Oft stossen die Hilfsmöglichkeiten von JhJ aber auch auf Grenzen. So konnten wir Bitten um Hilfe von afghanischen KollegInnen nur an die „Reporter ohne Grenzen“ weiterleiten. Wir erleben in diesen Fällen oft eine Unbeweglichkeit der deutschen Behörden, die afghanische JournalistInnen, Menschenrechtsaktivisten und bedrängte Frauen zwingt, sich unter lebensgefährlichen Umständen im Land zu verstecken.

In Einzelfällen konnten wir in der letzten Zeit diese lähmende Hilflosigkeit durchbrechen und Hilfe leisten, wenn es die Kollegen schon in ein Nachbarland geschafft hatten. Da ist der Fernsehmacher mit seiner Familie, der im Iran untergekommen war. Er verfügt über humanitäre Visa für einen lateinamerikanischen Staat, hatte aber keine Idee, wie er die Flüge für sich und die fünf Familienmitglieder bezahlen sollte. Da ist die krebskranke junge Frau, die in Pakistan eine Therapie bekam, für die das Geld aber nicht reichte. Da ist die junge Mutter, die ihr krebskrankes Kind verloren hatte und nun fürchtete, ihr anderes Kind könnte des Hungers sterben. Solche Unterstützung geht nicht mit kleinem Geld. Wir haben uns entschlossen, Menschen wie diese nicht im Stich zu lassen und ihnen zu helfen, auch wenn unser Kontostand dies eigentlich nicht zulässt. 


Der Krieg in der Ukraine geht weiter. Hinzu kommen dramatische politische und humanitäre Entwicklungen zum Beispiel im Yemen, in Äthopien, im Kongo, in Myanmar…Krisen erfassen immer mehr Länder. Hunger und Not nehmen zu. Wir werden nicht immer und überall helfen können. Aber es wird noch viele Einzelfälle geben, in denen Kolleginnen und Kollegen aus Kriegs- und Krisengebieten unserer Aufmerksamkeit und Hilfe bedürfen.



Helga Montag

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