Fluege in die Freiheit

Flüge in die Freiheit

Warum wir neue Spenden brauchen


Als wir anfingen, Journalistinnen und Journalisten aus Afghanistan zu unterstützen, ahnten wir nicht, was auf uns zukommen würde. Wir merkten aber bald, dass das Aufnahmeprogramm, das die Bundesregierung im Herbst 2022 auflegte, nicht funktioniert. Es schließt von vorneherein all diejenigen aus, die schon vor dem Terror der Taliban geflüchtet sind und überwiegend Zuflucht in den Nachbarländern Pakistan oder Iran gesucht haben. Wir nahmen uns vor, denen zu helfen, die erst einmal kein Programm erfasste – nicht ahnend, dass sie über lange Zeit keine Rettung finden würden, und dass auch die meisten, die eine deutsche Zusage bekommen haben, oft auf unbestimmte Zeit auf ein Visum warten müssen.

Als uns die ersten Hilferufe von afghanischen Kolleginnen und Kollegen aus Pakistan erreichten, beantworteten wir noch jeden persönlich und gingen individuell auf die Nöte der Schreibenden ein. Aber längst übersteigt die Zahl der Anfragen unsere Kapazitäten. Denn rasch hat sich seit Anfang 2023 herumgesprochen, dass JhJ eine der ganz wenigen NGOs ist, die unbürokratisch afghanische Kolleginnen und Kollegen mit Überlebenshilfen unterstützt. Seitdem füllen sich unsere Postfächer jeden Tag von neuem.

Ungezählte persönliche Biografien spiegeln sich in den Mails aus der Ferne, verfasst meist in perfektem Englisch, detailliert dokumentiert durch Zeugnisse, die den Bildungswillen und das langjährige journalistische und demokratische Engagement belegen. Dazu Schilderungen von Lebensbedingungen, die kaum zu ertragen sind. Viele der Kolleginnen und Kollegen sind jung, sie haben kleine Kinder. Inzwischen sind die Ersparnisse aus vielen Jahren journalistischer Arbeit aufgebraucht, alle Wertsachen verkauft. Der Weg zurück nach Afghanistan würde für die meisten Verfolgung durch die Taliban bedeuten, womöglich mit Haft und Folter, wie sie in Afghanistan zurzeit an der Tagessordnung sind. Pakistan hat jüngst, ungeachtet der Appelle internationaler Menschenrechtsorganisationen, damit begonnen, auch bedrohte Journalisten und ihre Familien nach Afghanistan abzuschieben.

„Relocation“, die Umsiedlung in ein sicheres Land, das ist der größte Wunsch der allermeisten. Wir aber können keine Visa für westliche Länder vermitteln. Die einzigen EU-Länder, die zuletzt mehrere Journalistinnen und Journalisten aus Afghanistan via Pakistan aufgenommen haben, sind unseres Wissens Frankreich und Spanien. Aber viele, die solch ein rettendes Visum erhalten, können sich die Flugtickets von Islamabad nach Paris oder Madrid nicht leisten. Zudem verlangt Pakistan für abgelaufene pakistanische Visa horrende Ausreisegebühren. Da ist immer wieder JhJ eingesprungen.

Eine knappe Bilanz: Seit Mai 2022 haben wir 130 mal finanzielle Unterstützung für afghanische Kolleginnen und Kollegen in Pakistan und Iran auf den Weg gebracht, mindestens 20 afghanische Familien mit einem Visum für ein EU-Land konnten mit unserer Hilfe aus Pakistan ausreisen.
Das hat das Konto von JhJ weitgehend geleert.

Aber auch die, die noch immer auf ein Visum warten, brauchen Hilfe. Die Liste der Notrufe ist lang und wächst weiter. Um – wie bisher – bedrängte und bedrohte Kolleginnen und Kollegen nicht nur aus Afghanistan, sondern auch aus vielen anderen Krisenregionen zu unterstützen, sind wir jetzt
auf neue Spenden angewiesen!

Helga Montag, Vorsitzende von JhJ e.V.

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